Die Besucher vom Fort Konstantin sind immer
wieder begeistert von der Aussicht die sie hier über die Stadt an Rhein
und Mosel und deren herrliche Umgebung haben. Die Fläche dieser Anhöhe
ist eine besonders ausgeprägte mittlere Flussterrasse auf halber Höhe
zur oberen Fläche der Karthause, der ursprünglichen Hauptterrasse eines
ehemals weit verzweigten Flusssystems. Während mehrerer Hebungsphasen
unserer Mittelrheinischen Erdscholle musste sich das Flussbett von
Rhein, Mosel, Lahn und deren Zuläufe seit ca. einer Million Jahren
stufenweise ins Land einfräßen. Nur das Neuwieder Becken blieb durch die
Vulkan Tätigkeit bei den Hebungen zurück und so war die Anhöhe schon für
die Menschen der Vor- und Frühzeit beeindruckend, wenn sie sich hier
zeitweise aufhielten. Doch erst die späteren sesshaften Stammesgruppen
haben in den Naturgegebenheiten jeweils ihre Gottheiten erkannt und
verehrt.
Kelten und Römer
verehrten ihre Götter meist auf erhöhtem Platz in Nähe ihrer Siedlungen. Nur
die Flussgötter verehrten sie am Ufer, auf Inseln und besonders, wie in
Koblenz, an den zusammenfließenden Flüssen. Beide Örtlichkeiten sind hier
gegeben und wenn sich eine Stadt wie Koblenz von der Römerzeit bis in die
Neuzeit weiter entwickelte, kann man annehmen, dass solche Kultplätze in
christlicher Zeit Standorte der Kirche wurden.
Durch die
Waffenentwicklung hin zu den Kanonen im ausgehenden Mittelalter wurde der
Kirchenstandort auf dem ehemaligen Beatusberg, dem heutigen Fort Konstantin,
in Kriegszeiten für Koblenz zur großen Gefahr. Hat doch der Feind mehrmals
von hier oben über die Stadtmauer die Häuser der Innenstadt beschossen. Als
dann später die Preußen Koblenz großräumig befestigten, mussten Kirche und
Kloster endgültig den Militärbauten weichen. Die Entwick-lung hin zu den
gezogenen Kanonenrohren war abzusehen, und schon einige Jahrzehnte nach
ihrer Erbauung (ca. 1860) galten die Festungsbauten als militärisch
überholt.
Ein Sammelsurium der Geschehnisse über die Zeiten hin
veränderte das Äußere der Anhöhe mehrmals. Es ist verständlich, dass bei
jeder Umgestaltung des Bergplateaus die vorangegangene Nutzung unterging und die Archäologen heute kaum noch Resultate einer
beweisschlüssigen Entwicklung erbringen können. Aber auch die
Geschichtsschreibung im frühen Mittelalter war ungenügend, und auf regionale
Aufzeichnungen wurde kaum Wert gelegt. Die Schreiber bezogen sich in erster
Linie auf das Leben der Könige, der Bischöfe und Heiligen. Diese
Aufzeichnungen mussten im Laufe der Zeit erneut abgeschrieben werden, wollte
man dem Zerfall der Pergamente zuvorkommen.
Das Überliefern und Weitergeben
der Geschehnisse wird auch damals nicht ganz wertfrei gewesen sein. Zudem
gab es zu allen Zeiten Fälschungen und Ver-änderungen, und letztendlich hat
sich auch das Verständnis der zeitgemäßen Darstellung des Geschehenen durch
die Zeiten verändert und wird heute oft missverstanden. Solche
Gesichtspunkte führen in der Geschichtsforschungzu
Spekulationen und verschiedensten Auslegungen. Festlegungen werden deshalb
mehr oder weniger im Bereich einer vermuteten Wirklichkeit bleiben.
Die Archäologie beginnt immer mit Fragen – manchmal
wohl aber auch mit Intuitionen oder gar mit fertigen Antworten. Wer bereits
weiß, in welche Richtung er das Aufgefundene interpretieren möchte, der wird
in den Steinen„finden“, was er
sucht.
Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Dieter Vieweger
Direktor des DEI in Jerusalem und Amman
Professor in Wuppertal und
Witten-Herdecke