Spätes Mittelalter

Eb. Hillin, der Nachfolger Alberos bestätigt 1153, leider nur in einer Abschrift der Urkunde, die Regelung des Klosterbesitzes durch Eb. Albero. Jedoch der Streit sollte weitergehen. Die Benediktiner auf dem Berg glaubten durch ihre ältere Geschichte und die Wichtigkeit des Ortes eine Vorrangstellung (das ius subiectionis, devotionis et obedientie) gegenüber den Benediktinerinnen auf dem Oberwerth zu haben. Deren Kloster bestand zwar schon im Jahre 1020 als Adelsstiftung (Conrad d`Hame in "Confluvium historiam"), jedoch war es zunächst nur eine lockere Gemeinschaft adeliger Frauen im Dienste eines religiösen Lebens, die erst der Reformer Eb. Albero zu einem echten Ordensleben zwang; daraufhin entschieden sie sich für die benediktinische Ordensregel.

Den Rechtsstreit über die Vorrangstellung verloren die Mönche 1215 vor dem eb. Gericht in Koblenz (es war ein Gremium von Stiftsherren und Adeligen). Das Urteil war anscheinend umstritten, denn um jede Wiederaufnahme des Verfahrens auszuschließen wurden alle Urkunden, das Beweismaterial beider Klöster, eingezogen und durch das Gericht vernichtet. So dass man glauben musste, beide Klöster wären gleichberechtigt zurzeit Eb. Alberos im 12. Jahrhundert gegründet worden.

Eb. Dietrich (Theoderich) II. von Wied gehörte zum mittelrheinischen Adel und bestätigte das Urteil. Ohne Urkunden über Herkunft und Weihe der Klosterkirche, stellte er den Mönchen eine neue Besitzbestätigung aus, denn die von Eb. Hillin war nur eine beglaubigte Abschrift, die nach der Vernichtung der Originale vom eb. Gericht gefertigt worden war. Die Mönche verbittert, trauten dem Erzbischof nicht mehr und baten den Papst um Hilfe. Papst Gregor IX entsprach ihren Bitten und stellte das Kloster unter päpstlichen Schutz. Unterdessen war Eb. Dietrich in den Konflikt zwischen Papst und Kaiser Friedrich II geraten, dabei wurde er 1240 mit anderen exkommuniziert. Der Erzbischof zog sich daraufhin auf seine Burg "mons Tabor" (Montabaur) zurück und erst nach dem Tode des Papstes kehrte er krank und gealtert am 22.8.1241 nach Trier zurück wo er am 28.3.1242 verstarb.

Der Dominikaner Heinrich von Luxemburg, aus seinem Bistum Ösel vertrieben und in Trier quasi als Weihbischof tätig, weihte am 16.8.1241 im erzbischöflichen Auftrag die Klosterkirche zu Ehren Mariens und der Heiligen Beatus und Servatius. Das Patrozinium des hl. Beatus tritt dabei zum ersten Mal urkundlich auf. Einen Teil der Beatusreliquien, heute in St. Beatus auf der Karthause, wurde den Mönchen u. a. wahrscheinlich schon 1017 nach der Moselfehde, beim Erhalt ihrer Selbstständigkeit als Abtei, von dem damaligen Trierer Stammkloster St. Marien am Ufer überlassen. Von einer oft vermuteten wesentlich späteren Translation der Beatusreliquien irgendwann im 12.Jahrh. und auch der vielen anderen Heiligenreliquien die das Kloster aus Trier erhalten hatte, wäre bestimmt etwas in der Geschichte von Trier beschrieben. Die auf dem ehemaligen Klosterareal im Jahre 1996 gefundenen Grablegungen wurden nach heutigen Untersuchungsmethoden in das 10./11. Jahrhundert datiert. Die Gräber waren so zwischen die umgebenden Grundmauern von Kirche, Kapitel und Kreuzgang gesetzt, dass man davon ausgehen kann die Klosterbauten bestanden schon vorher. Interessant erscheint mir hier das Patrozinium des h. Servatius, denn es könnte vermutlich das ältere von beiden gewesen sein. Die Reliquien müssen aus Maastricht stammen und sind möglicherweise zur Zeit der Gülser Vorkommnisse um 980 in den Kirchenbesitz gekommen. Die Verbindung des h. Servatius zum Märtyrerberg und Güls, dem Moselort vor Koblenz, könnte vielleicht weitaus intensiver gewesen sein als uns heute bekannt ist.

Nach dem Prozess wurden Kirche und Berg nur noch in Verbindung mit dem Trierer Heiligen genannt. Anscheinend sollte mit der Verurteilung und der Vernichtung aller Klosterurkunden die Geschichte der Kirche und die überlieferte Bedeutung des Platzes als Märtyrerberg, auf dem unbekannte Selige (beati) für den christlichen Glauben starben, verwischt werden.

In den Jahren der Spannungen zwischen der Abtei und den beiden Kollegiatstiften muss es zum Zerfall des klösterlichen Lebens auf dem Beatusberg gekommen sein. Mit dem Makel eines zu Unrecht begonnen Streites, blieben Spenden und Zuwendungen in Koblenz aus. Die Mönche wurden immer apathischer und kümmerten sich kaum noch um das Wohl des Klosters. Als ihre Zahl stetig abnahm, versuchte Eb. Boemund (1289-1299) das Kloster mithilfe des ehemaligen Stammklosters St. Marien (seit 12.Jahrhundert auch Maria ad martyres) in Trier zu retten. Doch auch die Benediktiner in Trier erkannten schon bald die hoffnungslose Lage des Klosters in einem gespannten Umfeld und keiner von ihnen wollte auf den Beatusberg. 1314 beschlossen sie die Administrationsrechte unverrichteter Dinge an den Bischof, es war indessen Eb. Balduin, zurückzugeben.

Das Kollegiatstift auf dem Beatusberg

Eb. Balduin, ein hervorragender Diplomat erkannte die Situation und beschloss das Kloster aufzulösen, um es wieder zu einer Stiftskirche umzufunktionieren. Zunächst musste er den Papst, unter dessen Schutz das Kloster stand, von dem Vorhaben überzeugen. Nach Untersuchung der Umstände durch den beauftragten Mainzer Erzbischof gab der Papst seine Einwilligung und auch der einzige Mönch, der noch in den ruinösen Mauern lebte, war leicht zu überzeugen (Chr. v. Stramberg). Die Vorbereitung, der Umbau und die Organisation zur Stiftsgründung gab er in die Verantwortung der beiden Koblenzer Kollegiatstifte. Das Florinsstift arrangierte sich hier  besonders. Eb. Balduin behielt sich Mitsprache und Einspruch bei allen Vorgängen vor. Auch später im Kapitel musste ein von ihm benannter Vertreter bei allen Besprechungen beteiligt werden.

Die Kirche wurde nunmehr Kollegiatskirche und war mit 12 Personen als seculares canonici gleich anderen Kollegiatskirchen Trierer Diözese ausgestattet. Von den 12 Kanonikern waren der Dekan, der Kantor, der Scholaster und der Kustos die prelati, sie und die anderen Kanoniker waren zur Einhaltung der kanonischen Horen, des Gottesdienstes und dem Dekan zu Gehorsam verpflichtet. Nur die zum Diakon geweihten durften am Kapitel teilnehmen.

Die bestehenden Besitzungen und Rechte der Beatuskirche wurden von Eb. Balduin bestätigt und unter den Schutz des hl. Petrus und des Erzstiftes gestellt. Die Einkünfte aus dem bisherigen Kirchenvermögen waren dürftig und mussten vermehrt werden. U. a. vertauschte Eb. Balduin den erzbischöflichen Hof neben der Beatuskirche gegen den zu dieser Kirche gehörenden Hof in Münstermaifeld. (Es handelte sich scheinbar um den Berghof und späteren Karthäuserhof, der oberhalb vom Beatusberg, vermutlich schon zur Vorgängeranlage der damaligen Marienkirche gehörte.)

Trotz der Veränderungen und Neubauten an Kirche und Gebäuden auf der herrlich gelegenen Anhöhe, begannen die Kanoniker unzufrieden mit ihrem Los, zu hadern. Sie sahen sich außerhalb der Stadt, abseits von den anderen Stiftskirchen, ausgegrenzt und beklagten sich wegen der Einsamkeit des Ortes. Sie wohnten deshalb öfters außerhalb des Stiftes, wahrscheinlich im Stadtbereich. Immer öfter gab es Auseinandersetzungen mit dem Erzbischof wegen der Nichteinhaltung ihrer Residenzpflicht. Der Erzbischof sah bald ein, dass sein Werk nicht gedeihen wollte und suchte nach einer, für alle Beteiligten günstigeren Lösung.

Am 18. August 1331 war es endlich soweit. Eb. Balduin wandelte mit Zustimmung des Domkapitels und der unzufriedenen Stiftsherren, zu Gunsten deren lebenslanger Rechte auf die Hälfte der Einkünfte, das Beatusstift erneut in ein Kloster um. Eb. Balduin erwähnt, dass er die Kirche einem Orden zurückgeben wolle, weil ihm die überkommene Verehrung des Berges und die dort vorhandenen Reliquien von mehreren Heiligen dazu besonders angeregt hätten. Eb. Balduin erklärte, dass der heiligmäßige und verehrungswürdige Orden der Kartäuser, der in besonderer Weise durch seinen frommen Lebenswandel glänze, für eine Klostergründung an diesem Ort der erfolgversprechenste sei. Zeit seines Lebens war Balduin ein großer Verehrer der Kartäuser und weilte, wann immer er konnte unter ihnen.  

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